Oleksii Ivanovych Yefimenko (ukr. Juchimenko) wurde am 22. Februar 1924 im Bezirk Lypivka Makarivskyi im Oblast Kyiv in einer Familie mit sechs Kindern geboren. Als der sowjetische Staat mit der Kollektivierung der Landwirtschaft begann, weigerten sich Oleksiis Eltern, sich einer Kolchose anzuschließen. 1937 wurde sein Vater verhaftet. Er wurde zu zehn Jahren Zwangsarbeit in einem Gulag verurteilt, wo er bei der Arbeit in einer Holzfällerei starb. Einige Jahre später, 1940, wurde auch Oleksiis Mutter verhaftet und zu anderthalb Jahren Gefängnis verurteilt, während ihre Kinder sich selbst überlassen wurden. Als Sohn von sogenannten „Volksfeinden“ geriet Oleksii unter den Verdacht des Diebstahls. Er wurde zu 18 Monaten Gefängnis verurteilt. Die meiste Zeit verbrachte er im Kyiver Lukyanivska-Gefängnis.
Oleksii wurde erst nach dem deutschen Angriff auf die Sowjetunion entlassen. Zu diesem Zeitpunkt war sein Dorf bereits von deutschen Truppen besetzt. Obwohl Oleksii mit der sowjetischen Regierung unzufrieden war, begrüßte er die deutschen Angreifer nicht: „Ich hatte einen solchen Hass auf die Deutschen, dass ich nach Möglichkeiten suchte, ihnen zu schaden“. Aus Trotz hörten Oleksii und sein Freund Pavlo heimlich sowjetische Radiosendungen. Sie gaben die Informationen, die sie gehört hatten, dann an die anderen Dorfbewohner auf dem Markt weiter. Oleksii wurde von der örtlichen Polizei gefasst und in Gewahrsam genommen. Er wurde verhört und weigerte sich, seinen Freund zu verraten. Obwohl die Polizei das Radio nie fand, wurde er 1942 zu Zwangsarbeit in Deutschland verurteilt.
Oleksii wurde in eine chemische Kohleaufbereitungsanlage geschickt, wo er gezwungen wurde, Benzin und Alkohol herzustellen. Die Bedingungen ihrer Gefangenschaft waren schrecklich: Die Arbeiter wurden nicht ausreichend ernährt, schliefen in Baracken auf dem Boden und bekamen keinen freien Tag. Die Zwangsarbeiter protestierten und weigerten sich, am Sonntag zu arbeiten. Um die Streikenden zu bestrafen, verprügelte die Polizei sie und erschoss einen der Arbeiter. Oleksii und ein weiterer Mann wurden beschuldigt, den Streik initiiert zu haben. Sie wurden festgenommen und im Keller der Fabrik festgehalten. In der Nacht gelang es den beiden Männern, auszubrechen und nach Osten zu fliehen, wo sie versuchten, nach Hause zu gelangen. Sie wurden jedoch wieder gefasst und in ein Gefängnis in Leipzig gebracht. Von dort aus wurden sie in das Konzentrationslager Buchenwald deportiert.
Nach seiner Ankunft in Buchwald wurde Oleksii einem Arbeitskommando, dem so genannten „X“-Kommando, zugeteilt. Dessen Aufgabe war es, eine Militärfabrik zu bauen. Die Häftlinge arbeiteten in 12-Stunden-Schichten ohne angemessene Verpflegung und wurden von den SS-Wachen misshandelt. Oleksii erinnert sich: “Sie haben uns oft geschlagen. Wenn du etwas falsch gemacht hast, wirst du geschlagen. Wenn du deine Mütze nicht abnimmst, wirst du geschlagen.” Er wurde danach einem neuen Arbeitskommando in einem Steinbruch zugeteilt. Einige befreundete deutsche Häftlinge konnten ihn für den Transport in ein anderes Lager in Köln anmelden, um ihn aus dem Lager zu holen.
In Köln musste Oleksii in einer Fabrik arbeiten, die Holzbaracken herstellte. Im Februar 1943 wurden er und einige andere Gefangene auf die Kanalinsel Alderney gebracht, wo sie an Bunkern, Baracken und andere Bauten arbeiten mussten. Die Arbeitsbedingungen waren brutal, und das Wetter war schrecklich, was zu einer hohen Sterblichkeitsrate unter den Häftlingen führte. Oleksii erinnert sich, dass im Durchschnitt acht bis zehn von 200 Männern täglich starben. Die Toten wurden auf Karren verladen und dann ins Meer geworfen. Manchmal wurde auch er dazu gezwungen. Oleksii fürchtete sich davor, unter den Toten zu sein: „Für mich war es das Schlimmste, auf dieser Insel zu sterben und ins Meer geworfen zu werden.“
Eines Tages entgleiste bei der Arbeit eine Draisine, und der Kapo zwang Oleksii und einen anderen Häftling, sie wieder auf die Gleise zu stellen. Bei dieser Aufgabe schlug der Kapo die beiden Männer so heftig, dass er Oleksii den Stiel einer Schaufel auf den Rücken schlug. Ihm wurde klar, dass der Kapo nicht aufhören würde, bis er ihn getötet hätte: „Diese ganze Situation war der letzte Strohhalm für mich, und ich beschloss, Selbstmord zu begehen. Ich dachte: Warum sollte ich in dieser Welt leiden?“ Oleksii beschloss, sein Leben durch einen Sprung in eine verlassene Mine auf der Insel zu beenden. Sein Selbstmordversuch war jedoch erfolglos – seine Kleidung hatte sich auf dem Weg nach unten an einem Felsvorsprung verfangen und ihm das Leben gerettet. Da er immer noch in sehr schlechter körperlicher Verfassung war, konnte er nicht mehr auf der Insel arbeiten. Er wurde mit einem Häftlingstransport in das Konzentrationslager Neuengamme gebracht. Er erinnert sich an seine Ankunft dort: „Die Leute sahen uns, die wir von der Insel Alderney zurückkehrten, an, als wären wir aus der Hölle zurückgekehrt.“
Oleksii wurde schnell von Neuengamme ins KZ-Außenlager Barth verlegt, um in einer Flugzeugfabrik zu arbeiten. Er wusste, dass er körperlich noch nicht in der Lage war, schwere Arbeit zu verrichten, und log, er sei Schlosser. Er hatte nur vage Kenntnisse über diesen Beruf. Seine Lüge führte jedoch dazu, dass er einem leichteren Arbeitskommando zugeteilt wurde, das Ersatzteile zusammensetzte. Als sich die Rote Armee dem Außenlager Barth näherte, trieb die Lager-SS die Häftlinge auf einen Todesmarsch in Richtung Ribnitz. Am zweiten Tag des Marsches gelang es Oleksii zu fliehen und sich in einem Gebüsch zu verstecken.
Nachdem die Rote Armee ihn befreit hatte, wurde Oleksii in ein Krankenhaus eingeliefert und medizinisch versorgt. Später trat er als Pionier in die Rote Armee ein und diente bis zu seiner Demobilisierung im Jahr 1947. Als er in sein Dorf Lypivka zurückkehrte, stellte er fest, dass dort eine Hungersnot herrschte. Oleksii heiratete und bekam zwei Kinder, Ljudmila und Petro. Nach Abschluss seines Studiums arbeitete er als Energieingenieur und war am Bau des Kernkraftwerks Tschernobyl beteiligt.
Am 22. Februar 2022 versammelte sich die ganze Familie in Kyiv, um Oleksiis 98. Geburtstag zu fieren. Am 27. Februar wurde Lypivka von russischen Truppen besetzt. Oleksiis Haus wurde von Maschinengewehrfeuer getroffen, und ein Panzer fuhr in den Hof und durchbrach das Tor. Daraufhin beschlossen Oleksii und seine Tochter Ljudmila, aus dem Dorf zu fliehen und sich in das von den ukrainischen Truppen kontrollierte Gebiet zu begeben. Erst im Mai 2022 kehrte Oleksii nach Lypivka zurück. Im Sommer 2022 wurden die von Kugeln getroffenen Fenster seines Hauses ersetzt, aber das Tor musste noch angebracht werden.
Oleksii starb am 1. November 2022, umgeben von seiner Familie.
Geschrieben von HyunYoung (Seoul), Matthias (Göttingen)